Zwiebel
Sie treibt uns Tränen in die Augen und gilt oft als derb und einfach. Doch obgleich sich ihre Kostbarkeit zunächst in der Erde verbirgt, galt sie vielen Kulturen stets als ganz überirdische Pflanze der Götter. Dabei sind es die Menschen, die sie zu einer Kulturpflanze gemacht haben, von der es keinen Wildbestand mehr gibt.
Die Zwiebel gehört der Gattung Lauch an, und wird je nach Größe und Beschaffenheit gerne als Garten- oder Gemüsezwiebel, Silber- oder Perlzwiebel, Gemeine- oder Hauszwiebel, Bolle oder Zwiebellauch bezeichnet. Sie spielt kulturell für den Menschen eine derart große Bedeutung, dass es sie lediglich als reine Kulturpflanze gibt. Wildwachsende Populationen der Zwiebel sind kurioser Weise nicht bekannt. Nicht nur im alten Testament findet sie Erwähnung, sie war auch schon bei den alten Ägyptern Opfergabe für Götter und Pharaonen und diente darüber hinaus neben den Linsen als festes Nahrungsmittel für die Arbeiter der Pyramiden.
Die Griechen der Antike sahen in der Zwiebel aber nicht nur ein Nahrungs- sondern auch ein Heilmittel. Sie sollte Appetitlosigkeit bekämpfen aber auch vielerlei Krankheiten. Noch heute findet sie als einfaches Hausmittel aufgeschnitten und aufgelegt gegen Insektenstiche Verwendung, oder aber als Wickel bei Ohrenschmerzen, sowie als Saft gegen Erkältungskrankheiten. Kein Wunder, denn neben den aufbauenden Mineralien wie Magnesium und Kalzium enthalten Zwiebeln ätherische Öle und viele weitere Inhaltsstoffe, die schleimlösend, antiseptisch und beruhigend wirken.
Nach mittelalterlichem Glauben halfen die Zwiebeln die durch die Pest verdorbene Luft in den Häusern wieder zu reinigen. So wirkten im Glauben der Menschen Knoblauch und Zwiebeln als Duo gegen die schwarzen Mächte des Vampirismus und der Pest.
Doch rein weltlich betrachtet ist die Zwiebel ein süßer Solist oder ein wirkungsvoller Teamplayer. In ihrem wunderbaren Buch „Deutschland vegetarisch“ versammeln Katharina Seiser und Stevan Paul unter dem Eintrag „Zwiebel“ mehr als 50 Gerichte, Gemüsezwiebeln und Frühlingszwiebeln nicht eingerechnet.
Bedenkt man dazu, dass die Zwiebel klassisch in Marinaden eingesetzt wird, um Fleisch zart werden zu lassen – etwa im langsam verschwindenden und hoffentlich bald wieder als Klassiker entdeckten Spießbraten – kann man schnell bemerken, wie sehr uns die Zwiebel im Küchenalltag und also auch auf dem Teller begleitet, wärmt und nährt. Sie kann karamellisiert werden, passt sich Weiß- und Rotwein an, verträgt sich auf Wunsch auch mit Bier, fügt sich zu jedem Kohlgericht und vermählt durch ihren Geschmack wortwörtlich „Himmel und Erde“, also Kartoffeln und Äpfel.