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Schuhbeck Gewürze

Gewürze sind unverzichtbarer Bestandteil eines jeden Essens und können gar gesundheitsfördernde Wirkungen haben. Fernsehkoch Alfons Schuhbeck hat ihren Wert erkannt und betreibt einen florierenden Gewürzhandel. Passend dazu ist nun sein Buch „Meine Reise in die Welt der Gewürze“ erschienen.

Schuhbeck vermarktet seine Gewürzmischungen wie sich selbst

Alfons Schuhbeck hat Werbung für eine Fast Food-Kette gemacht und sich dafür zu Recht eine Menge Kritik anhören müssen. Darf man deshalb sein Buch nicht mehr besprechen? Lassen wir aber die Kirche im Dorf und die Töpfe in der Küche, so kann man eine Prise von – ja was eigentlich? – ganz vielen Gewürzen atmen.

Betrachten wir das neue Buch von Alfons Schuhbeck, zunächst als das was es ist: als Kochbuch. Beim ersten Durchblättern fällt auf, dass es sich in zwei Sphären teilt. Zum einen in die Welt der Gewürze und zum anderen in die Welt des Geldes. Sicherlich kein Zufall, zumal Schuhbeck es wie kaum ein anderer Koch versteht, die Vermarktung seines Namens mit der Vermarktung eigener Produkte kurz zu schließen. Mittlerweile breitet er nicht nur Gewürze bei seinen Fernsehauftritten aus, als handele es sich hierbei um pures Gold, er vertreibt auch seit einigen Jahren seine Gewürzmischungen in eigenen Geschäften und über das Internet.

Pecunia non olet

Was spricht dagegen, dass jemand Geld verdienen will. Schließlich wollen wir das ja – fast – alle. Noch weniger spricht dagegen, wenn jemand sein Geld mit Gewürzen verdienen will, denn Gewürze sind, richtig eingesetzt, eine Bereicherung des täglichen Lebens. Irritierend wird die Sache allerdings, wenn jemand das Wort Bereicherung allzu wörtlich nimmt, dazu „ich“ oder „mein“ sagt und meint, damit allein schon Geld verdienen zu müssen.

In einem langen Artikel in der FAZ hat Jakob Strobel y Serra jüngst darüber geklagt, dass wir uns zu wenig Gedanken über das Essen machen. Das essentielle Anliegen des Mannes – dessen unglaubliche Hommage an Dieter Müller und sein Vermögen, eine Chorizo so unvergleichlich zu zähmen und zu aktivieren, auch nach Jahren noch lesenswert ist – trug eine Spur Reue in sich. Wie Strobel y Serra indem Beitrag auf das Thema Fast Food einging, las sich – auch – wie eine späte Entschuldigung für den eigenen, nicht beabsichtigten Sündenfall. Es ist eben Schuhbecks Gewürz-Buch, in dem Strobel y Serra selbst mit jemanden zusammenarbeitet, der sich als Fernseh- und Sternekoch vor den Fast Food Karren spannen lässt, da man damit gutes Geld verdienen kann – auf Kosten der Verbraucher. Um so mehr reizt es, das Buch zu besprechen.
 

Gewürze kulturhistorisch betrachtet

Für Schuhbecks Buch „Meine Reise in die Welt der Gewürze“ steuert Strobel y Serra neben Dr. Johannes Gottfried Mayer Texte bei – und diese sind durch die Bank weg informativ, kurzweilig und von kulturhistorischem und kulinarischem Interesse, also durchweg dazu angetan, dieses Buch mit Gewinn zu lesen.

Man ist doch überrascht, was Muskat im Mittelalter gegen die Pest zu leisten vermochte, erfährt, dass im antiken Griechenland mit dem Symposium nicht nur der Rausch der Philosophen seinen Weg in die Philosophiegeschichte fand, sondern die Griechen in Person von Hippokrates zum Nachdenken über den Nutzen der Gewürze anregten: „Dein Arzneimittel sei dein Lebensmittel, und dein Lebensmittel dein Arzneimittel.“ Mit Dioskurides vermählt sich dann die wissenschaftliche Beschäftigung des Arztes mit der praktischen des Feinschmeckers und Empirikers. Ingwer wird von ihm in den Rang eines fürstlichen Lebensmittels gehoben, da es gegen eine Vielzahl körperlicher Beschwerden eingesetzt werden kann und zudem die Speisen über die Maßen zu verfeinern weiß. Viele seiner Aussagen über die heilenden Kräfte der Ingwerwurzel sind mittlerweile wissenschaftlich nachgewiesen und bilden unter anderem das Fundament, mit dem Galen von Pergamon für Furore sorgen sollte. Von ihm ging der Gedanke aus, dass wir uns stets daran orientieren sollten, unsere Gesundheit zu fördern, nicht sie zu beeinträchtigen. Dazu gibt es anregende Kapitel über die Würztechniken der Römer und die Kochbuchkultur der islamischen Länder des Mittelalters, gespickt mit kulturhistorischen Betrachtungen zu einzelnen Gewürzen, welche die Lektüre lohnen und den Kauf des Buches empfehlenswert machen. Hier wurde mit Liebe zum Detail gearbeitet.
 

Orientalischer Schweinebraten

Die Rezepte des Buches, ähnlich wie die Schuhbeckschen Reiseberichte in seine Welt der Gewürze, stellen den Schwachpunkt des Buches dar. Hier wird eine orientalisch gewürzte Crossoverküche vorgestellt, die sich in Rezepten wie „Erbsen-Minze-Suppe mit Nürnberger Rostbratwürsteln“ oder „Arabisch-Bayerisches Hendl“ ergeht und lediglich dazu dient, den Schuhbeckschen Gewürzhandel durch Hinweis auf spezielle Gewürzmischungen anzukurbeln. Wenn dann noch ein „Orientalischer Schweinebraten“ im Buch angepriesen wird, erreicht die Konfusion des Lesers ihren Höhepunkt. Zu recht, im islamisch geprägten Orient wird man ein solches Gericht und die dazu benötigten Schweine sicherlich vergeblich suchen. Damit ist auch ein Vorgeschmack auf das relativ sinnfreie Glossar gegeben. Macht man sich darin auf die Suche nach Hähnchenrezepten, muss man unter A wie „Arabisch-bayerisches Hendel“ nachsehen, unter „H“ findet man keinen entsprechenden Eintrag.

Wie sagt Schuhbeck – also der Mann, der als Fernsehkoch bei „Lanz kocht“ gerne den Gewürz-Ton angibt – „Wenns gut ist, brauchst nicht zu meckern.“ Im Umkehrschluss gesteht er also zu, dass man schon meckern soll, wenn es etwas zu beanstanden gibt. Es ist schade, dass die Rezepte und versammelten Reiseberichte die anderen informativen und gut geschriebenen Texte des Buches mit einem faden Beigeschmack versehen. Wenn jemand Rezepte schreibt, als ginge es um Fast Food angereichert mit einem Haufen Gewürze, dann ist es lediglich konsequent, wenn er sich vor den Karren eines Fast-Food Produzenten spannen lässt: egal wie fettig, süß und fad der Burger ist, ein paar Gewürze dazu, dann „passts schoh“, zumindest in der eigenen Geldbörse. Irgendwie Orientalisch-Amerikanisch-Bayerisch.

Da ist es doch kein Wunder, wenn Schuhbeck in seinem Gewürzladen eine „Zauberbrühe“ anbietet, angereichert mit Hefeextrakten, Füllstoffen und Aromen. So kann Schuhbeck der Alchemist der Gewürze aus einem relativen nichts ein Vermarktungsprodukt zaubern, eine wahre „Zauberbrühe“. Jakob Strobel y Serra ist darin zuzustimmen, dass wir uns mehr Gedanken über unser Essen machen sollten und darüber, wo wir unsere Gewürze einkaufen und welche.

Für Sie gelesen
Alfons Schuhbeck: Meine Reise in die Welt der Gewürze. ZS Zabert Sandmann Verlag München 2011, 400 Seiten, 24,95€

Bei amazon zu erwerben

 
Linktipp:
Laudatio von Jakob Strobel y Serra auf Dieter Müller

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