Phantasie
Kindliche Phantasie – so eine Alltagsweisheit – ist etwas Wunderbares. Es sei so schön, die Kinder dabei zu betrachten, wie sie so ganz in ihrer eigenen Welt versunken seien. Ein solcher Ausspruch verkennt, dass die Kinder eigentlich lernen und nicht einfach spielen. Selbst die Erwachsenen benötigen jeden Tag Phantasie, um sich die Welt erklären zu können.
Das Spiel des Kindes ist also die Einübung einer fundamentalen Lebensnotwendigkeit und damit eine Leistung, die lediglich nüchternen Rationalisten als nutzlos gelten mag. Für Aristoteles besteht die Phantasie gerade darin, dass sie uns die gemachten Eindrücke noch einmal nacherleben, sie nachwirken und damit verständlich werden lässt. Auch der Philosoph der klassischen Logik deutet die Phantasie als Voraussetzung des Verstehens.
Die Phantasie als Welt der Vorstellung ist ein entscheidender Schlüssel zum Verständnis der Welt.Wie sonst wäre Verständnis als interkommunikative Kompetenz überhaupt denkbar? Schon Hegel weist darauf hin, dass wir ein wenig Phantasie, also die kleine Entrückung von den Dingen benötigen, um nicht vom Nebel des Realen gefangen zu werden. Nur so könnten die Menschen sich in der „Nacht der Welt“ – wie es dieser Meister der schweren Sätze ausnahmsweise auf den knappen Begriff brachte – dem Verstehen hinwenden.
Zwischenmenschlich ausgedrückt: Ohne die Phantasie wäre jegliche Form der Empathie, als Vermögen der Einfühlung schlicht unmöglich. Die Menschen wäre nicht mehr, als eine Ansammlung von Monaden.
Der Gastrosophie gilt die Phantasie als fortwährender Transmissionsriemen. Denn wie, wenn nicht mit Phantasie, sollten sinnliche Eindrücke ihre Übersetzung in Sprache finden?