Pfeffer
Pfeffer ist mehr als ein Gewürz, er ist eine kulinarische Notwendigkeit. Nur so lässt sich sein Wert bemessen, der ihn über Jahrhunderte zu einem der wertvollsten Gewürze werden ließ. Nicht zufällig werden noch heute an Einfluss reiche Bürger als Pfeffersäcke tituliert, denn die Gewürzhändler des Mittelalters verdankten ihm ihren Reichtum.
Dabei verband er früh Orient mit Okzident und sorgte dabei auch für einen interreligiösen Diskurs. Denn um den Wert ihres Gewürz zu rechtfertigen, scheuten muslimische Händler nicht vor stilsicheren Ausschmückungen. Die Pfefferkörner seien die Tränen Adams, der verzweifelt über die Vertreibung aus dem Paradies sei. Die Früchte selbst würden hinter einem Wasserfall von einem Drachen strengstens bewacht wachsen, was ihre Ernte ungemein gefährlich und schwierig gestaltet. Auch wenn die Erzählungen, welche die arabischen Händler ihren europäischen Kunden erzählten, eher nach 1001 Nacht klingen, so verwiesen sie doch darauf, dass der Pfefferhandel Europa mit einem Gewürz versorgte, dessen geografischer Ursprung noch über Jahrhunderte außerhalb des kollektiven Wissens lag. Denn die Grenzen der antiken und mittelalterlichen Welt bewegten sich im nahen Orient, irgendwo vor der Pfeffergrenze, die wohlweislich von den Händlern eben auch durch ihre sagenhaften Erzählungen gehütet wurde. Und gleichzeitig heizten sie den europäischen Hunger weiter an. Dabei war es nicht in erster Linie der Geschmack, den wir über tausende von Jahren daran gewohnt auf keinen Fall mehr missen möchten, der das Begehren des Pfeffers auslöste, als vielmehr die konservierende Wirkung der scharfen Körner: ihre antibakterielle Wirkung half dabei Lebensmittel länger haltbar zu machen. So avancierte Pfeffer im Zusammenspiel mit Salz – das den Lebensmitteln Feuchtigkeit entzieht und sie auf diese Weise haltbarer werden lässt. Exemplarisch kann man dieses Konservierungsverfahren bei der Zubereitung von Pastrami sehen, bei der das rohe Rindfleisch mit Salz gepökelt und dann mit einer Kruste von Pfefferkörnern ummantelt wird.
Zugleich aber ist Pfeffer auch ein Synonym für den Handel rund ums Mittelmeer, der ungeachtet aller kulturellen und religiösen Unterschiede auch in Kriegs- und Krisenzeiten beständig geführt wurde. Und natürlich ist noch etwas von der Faszination von Pfeffer geblieben, der für uns so alltäglich ist, dass wir meist wenig über seine Herkunft wissen. Wachsen die Früchte auf einem Strauch, einer Hecke einem Baum? Vielleicht aber ist das neben seiner Schärfe und seinem Geschmack auch das Geheimnis der Magie, die von allen unterschiedlichen Pfeffersorten ausgeht: Das Exotische im Korn, das uns die Tränen in die Augen treibt. Nein, wir weinen nicht wie Adam um den Verlust, führt uns der Pfeffer doch für einen aromatischen Augenblick zurück ins Paradies.