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Matthias Müller - Höhenflug in Schiefer verwurzelt

Der Winzer Matthias Müller ist ein Mann mit Bodenhaftung. Dabei ist er kein Mensch, der einfach bewahren und erhalten möchte. Nachhaltigkeit definiert sich für ihn darin, an die Zukunft zu denken und diese zu gestalten. Er ist in seinem Heimatort verwurzelt wie seine Rebstöcke in den steilen Schieferhängen zwischen Spay und Boppard am Mittelrhein.

Matthias Müller: Weine, die eine besondere Sprache sprechen

Es ist ein grauer Novembertag. Die Wolken hängen tief. Kein Wetter, das zu Ausflügen an den Rhein animiert. Direkt südlich von Koblenz öffnet sich das Mittelrheintal und zeigt seine wild romantische, von der UNESCO mit dem Titel Weltkulturerbe geadelte Seite: Schlösser und Burgen, der Rhein und vor allem die Weinhänge mit der spezifischen Weinwirtschaft. Der Wein und seine Reben machen diesen Teil des Rheins so unverwechselbar – sie sind integraler Bestandteil des Weltkulturerbes.

Jemanden, der nicht mit dem mittelrheinischen Terroir verwachsen und in der Kultur des Weinbaus bewandert ist, mag es phänomenal anmuten, dass man in einer solchen Steillage nicht nur stehen, sondern sogar Wein anbauen und ernten kann. Zwischen Spay und Boppard durchläuft der Rhein einen lang gezogenen Bogen. In diesem Bopparder Hamm liegen die Weinberge, die auf wenigen Kilometern durch ihre Beschaffenheit mit unterschiedlichem Schiefergestein – Devonschiefer, Tonschiefer und Kieselgatterschiefer – hervorragende mineralische Weine hervorbringen, die einen eigenen spezifischen Charakter aufweisen.

Die kleine Gemeinde Spay mit ihren knapp 2000 Einwohnern streckt sich auf einer Länge von etwa drei Kilometern entlang des linken Rheinufers. Die Nähe zur Mosel erkennt man an dem hier gepflegten Moselfränkisch. Das Weingut der Müllers empfängt seine Besucher mit einer traditionsbewusste Fassade und dem freundlichen Hinweis auf einem Schild, dass man zur Weinabholung einfach über den Hof gehen solle. Marianne Müller empfängt uns mit einem lächelnden Gesicht und führt uns durch die jüngst fertig gestellte neue Lagerhalle. Hier wird im kommenden Jahr der Wein mittels hofeigenen Grundwassers, welches durch die Wände und die Decke gepumpt wird, auf eine gleichmäßige Temperatur gekühlt. Die Dame des Hauses öffnet eine Tür und vor uns taucht wie aus dem Nichts eine große, modern eingerichtete Vinothek auf. Die großen Fenster, die, um an den Wein zu erinnern, teilweise in grün gehalten sind, blicken auf kleine Fachwerkhäuser und den sich dahin schlängelnden Rhein. Die Hänge auf der anderen Rheinseite schauen auch im grauen Novemberwetter erhaben auf den Ort herunter.

Die Gäste sitzen gemütlich an Tischen und schauen auf den Ort. An der Kopfseite des Raumes ist der Bopparder Hamm nachgezeichnet, geschmückt mit den Weinbergen Mandelstein, Feurlay, Ohlenburg und Engelstein, welche die Trauben hervorbringen, die Matthias Müller zu seinen einzigartigen Weinen verarbeitet.

Vorausschauende Nachhaltigkeit

Matthias Müller ist ein Winzer mit wachem Blick. Er hat traditionell seinen Traumberuf erlernt und übt ihn mit Begeisterung aus. Seit 300 Jahren betreibt seine Familie den Weinbau. Mittlerweile hat er das Familienunternehmen an die Spitze der Weingüter des Mittelrheins geführt. Regelmäßig findet sich der Name des Weinguts unter den 100 besten in Deutschland. Seine Rieslingweine, unter denen es fruchtige, feinherbe Weine gibt, die durch ein komplexes Spiel von Mineralität und leichter Säure einen lang anhaltenden Aromenakkord erklingen lassen, sind in ihrer Vielschichtigkeit und in ihrem Abwechslungsreichtum derart fesselnd und anregend, dass der Gault Millau Weinguide Matthias Müller in diesem Jahr zum Winzer des Jahres kürte.

Doch Auszeichnungen sind lediglich die eine Seite der Medaille. Matthias Müller strebt nicht unbedingt nach Auszeichnungen, auch wenn er sich natürlich über diese Anerkennung freut. Mehr aber hat er den Ausbau und die Veränderung des eigenen Unternehmens im Blick. Er möchte mit seinen Weinen, aber auch mit seinen Methoden überzeugen. Vor sechs Jahren öffnete ihm eine Reise in die Steiermark die Augen. Die Müllers erkannten, welches Potential ihr Weingut noch bereithält, vorausgesetzt, dass man klug investiert. In diesem Jahr erleben wir die Vollendung des Plans, der auf eine Ganzheitlichkeit des Weinguts am Mittelrhein zielt. Dafür arbeitet das Ehepaar mit Geschmack, Geschick und einem Bewusstsein, welches Tradition als Motor für zukünftige Entwicklungen begreift. Der Neubau der Vinothek erzählt viel mehr, als die Freude der Müllers auf zukünftige Besucher. Hier gehen traditionelle Baustoffe der Umgebung wie Schiefer, Glas und Holz eine vielversprechende Verbindung mit einem modernen Architekturkonzept ein, das Landschaft und Präsentation zusammenführt. Hier arbeiten Menschen, die ihre Liebe zum eigenen Produkt vermitteln möchten, selbst wenn diese Weine genügend Potential haben, um für sich selber zu sprechen.

Wein ist Kultur

„Hier am Mittelrhein“, sagt Matthias Müller „gibt es schon seit Jahrhunderten Weinbau. Der Wein ist das zentrale kulturelle Thema, weshalb diesem Gebiet das UNESCO-Weltkulturerbe zuteil geworden ist. In unseren Steilhängen wächst ein ganz besonderer Wein, und wir können uns glücklich schätzen, dass wir hier Lagen haben, die alle ihre hochwertigen Charakteristika aufweisen.“ Natürlich freut Müller sich über die Anerkennung, die ihm von der Fachpresse und auf Wettbewerben zu Teil wird. Lieber sähe er es noch, wenn der Weinbau am Mittelrhein auch öffentlich Anerkennung finden würde, schließlich gilt es ganz konkret, die Anbauflächen zu erhalten und brachliegende Steilhänge zu rekultivieren. Mit dieser Motivation investieren die Müllers daher auch in Weinberge außerhalb des Bopparder Hamms.

„Es ist schön, wenn die Weine vom Mittelrhein nun die Anerkennung erfahren, die sie verdienen, so können wir aus dem Schatten bekannterer Anbaugebiete heraustreten.“ Aber am liebsten – und das merkt man ihm bei der Weinverkostung bei jedem Schluck an – ist es ihm, wenn die Gäste Zeit mitbringen, um den Wein mit allen Sinnen zu genießen.

Wir probieren und schweigen, so viel hat der Wein selbst zu sagen. Im Wein liege Wahrheit, heißt es. Die Wahrheit, die wir schmecken, ist eine des ehrlichen Weinmachens und eine der Region, des Mittelrheins. Deshalb ist dieser Wein auch eine Einladung zu einem Ausflug an den Mittelrhein. Ab dem kommenden Frühjahr freuen sich die Müllers darüber, ihre Gäste in der neuen Vinothek mit kleinen regionalen Spezialitäten den Geschmack ihres Weines noch genussreicher präsentieren zu können. Ein weiterer Grund, den Weg nach Spay zu suchen.

Linktipp:

Website des Weinguts Matthias Müller

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