Lesen. Schreiben. Kochen. Leben....
Doch es gab auch diese Wärme, dieses Mitteilsame und Nährende in seinen Texten, die immer wieder voll Sensibilität und Geschmack waren. Mit kulinarischen Dingen war der Autor von Kommunikaze – der Meister der formvollendet ätzenden Beschreibung des gegenwärtigen und damit zeitlosen besinnungslosen Medienalltags – spät in Berührung gekommen. Wach geküsst durch die leiblichen Weihen der Wielandshöhe wurde er jedoch schnell zum Jünger und Propheten des guten Geschmacks. Schnell füllten sich seine Betrachtungen zum Alltag mit Reflexionen zu selbst produzierter Tomatensauce und anderen gerne auch anspruchsvollen kulinarischen Dingen. Gemeinsam mit Vincent Klink hob er die kulinarische Kampfschrift „Häuptling eigener Herd“ aus der Taufe und die Freundschaft zum Ausnahmekoch begründete Jahre und unendlich viele schöne Artikel und Ausgaben später deren Ende, als der eh immer schon chronisch unzuverlässige Droste, seinen Tag mehr am Alkoholkonsum, als an den Herausforderungen der Schreib- oder Kochwerkstatt ausrichtete, denn ohne den Freund wollte der Freund die Zeitschrift nicht weiterführen, denn die auf den Leser überspringende Begeisterung für alle in Schriftform zu setzenden Themen der Kulinarik war nur in der die Zeitschrift begründenden Partnerschaft dieser beiden Freunde denkbar und ohne diese eben nicht mehr….
Der Geschmack der Worte
Die Biografie lässt zahlreiche Freunde und Weggefährten zu Wort kommen. Direkt unverblümt, auf eine Art, an der Droste selbst sicherlich seinen Spaß gehabt hätte. Dabei distanziert sich der langjährige Weggefährte und Biograf Christof Meueler ausreichend von seinem Freund, um genügend Distanz für eine umsichtige Biografie zu gewinnen. Zitierte Textpassagen werden so zügig wie unaufgeregt in ihren zeitlichen und szenischen Kontext gesetzt, wie die unterschiedlichen Blickwinkel der Kollegen und Freunde dabei helfen ganz unterschiedliche Facetten des so streitbaren wie außergewöhnlichen Autors zusammen zu tragen.
Drostes kulinarischen Texte zeichnet etwas Besonders aus, denn ohne den galligen Witz der politischen Glossen richten sie sich an den Gast, den Freund, die Liebste. In Ihnen entwickelt der für seine bissigen Spott gefürchtete Autor eine sensible Nähe und Zartheit im Umgang mit der Sprache, um die Form des fürsorglichen Kochens in Worte einzufangen. Für manche Zeitgenossen, denen das Thema der Kulinarik schon allein zu versnobt war, rümpften ob des Themas, das sie als Kitsch abtaten, die Nase und verkrochen sich in ihrer Ordnung der Welt, die wie ein Kleingarten aufgebaut ist, denn sie erkannten hinter den selbst verschriebenen kleinteiligen Verordnungen nicht die Schönheit der Welt, die hier anregend, warm und genussvoll ausgebreitet wurde. In seiner kleinen Form der Kulinarik zeigte uns Wiglaf Droste, was das Kochen ausmacht. In seinen Texten wird die Zartheit der Zubereitung schmeckbar.
Doch natürlich waren die Texte nicht nur kulinarisch, so wenig wie Droste selbst nicht nur zärtlich war. Dieses Andere des Autors, diese Wucht mit der er auf das Leben schreibend schaute, Worte zu dröhnenden Texten hämmerte, über dessen ironische Wucht man noch lange nach der Lektüre staunen konnte - all dies erzählt diese stets am Puls ihres Themas geschriebene Biografie.
Tartuffel empfiehlt:
Christof Meueler: Die Welt in Schach halten. Das Leben des Wiglaf Droste. Edition Tiamat. Berlin 2024, 304S., geb., 30,00€