Leere
Noch vor dem Wort, das biblisch am Anfang steht, war die Leere. Denn ohne die Leere könnten weder ein Wort noch eine Zutat einen Platz für sich beanspruchen. Das Erfüllende an ihnen ist also zu allererst ein Füllendes. Und so gilt für das Kochen wie für die Gastrosophie: am Anfang steht die Leere. Die leere Schüssel, der leere Topf, das leere Blatt, der leere Magen, der leere Kopf.
Die Leere erinnert uns daran, dass wir dazu da sind, sie aus der Welt zu schaffen. Dafür haben wir das Vermögen des Wortes und der Tat. Sprechen ist Handeln, wie das Kochen und das Essen. Sie bedingen einander und ihre stärkste Verbindung ist die Beseitigung von Leere.
Die Leere ist das Synonym des Unverstandenen, des Unverdauten und Ungemachten. Denn wenn einem die Dinge über den Kopf wachsen, dann versteht man sie nicht mehr, kann sie nicht auf den Begriff bringen, sie sich nicht einverleiben. Somit hinterlassen sie eine Leere, eine Markierung die auf das eigene Unwissen verweist.
Die Leere ist die Anti-Zutat schlechthin und damit die Zutat, die alle anderen Zutaten erst ermöglicht. Man kann sie nicht fassen, nicht in ein Gefäß füllen, nicht kaufen. Man kann sie nur vertreiben. Kochend, essend und redend. Damit ist die Leere der Ansporn und erste Grund der Gastrosophie.