Lab
Es ist eigentümlicherweise ein Weihnachtslied, das uns an den Beginn der Käseherstellung denken lässt. Grund genug, sich an dieser Fundstelle zu erlaben.
„Bring' euch milde Gaben, sollt euch dran erlaben.“ Der Text, der mit einem Klingeling anklingt, legt nahe, was es mit dem Laben auf sich hat. Es soll beleben, man soll genießen, sich mit etwas stärken. Im Unterschied zum Laben des Liedtextes aus dem 19. Jahrhundert und des sprichwörtlichen Labens, ist uns das Sprichwort prägende Lab fast nicht mehr geläufig. Um so verblüffender, als es – solange wir Käseesser sind – uns alltäglich gegenwärtig ist.
Denn ganz klassisch ist das Lab die Zutat, welche Milch gerinnen lässt und so zur Käsebildung entscheidend beiträgt. Traditionelle Käsereien arbeiten noch mit dem aus dem vierten Magen eines milchsäugenden Jungkalbes gewonnen Labs.
Für die Entwicklung der kulinarischen Menschheitsgeschichte ist das Lab von kaum zu überschätzender Bedeutung. Pure Milch war für unsere Vorfahren nicht genießbar, allerdings Milchprodukte. Sehr wahrscheinlich hatte man irgendwann entdeckt, dass man Milch sehr gut in einem Tiermagen aufbewahren kann. Als dieser dann an einem warmen Tag geöffnet wurde, stellte man fest, dass die Milch sich anders als bisher verändert hatte, sie begann ein Käse zu werden. Endlich war ein Weg gefunden, Milch ohne Sauermilchgerinnung haltbar zu machen. Damit war der Weg frei für die Herstellung von Käse. Eine nahrhafte, mineralienreiche und lang haltende Nahrung gewonnen aus Milch im Kalbsmagen, bzw. Ziegen- oder Schafsmagen bei entsprechender Milchgewinnung.
In manchen Gegenden wird der Lab daher auch Käsemagen genannt. Mittlerweile können jedoch lediglich 35 Prozent der weltweiten Käseproduktion durch Naturlab hergestellt werden. Auch sehen viele Vegetarier ihren Käsegenuss durch die Verwendung von Naturlab beeinträchtigt. Abhilfe geschaffen wird hier mittels pflanzlicher oder mikrobieller Labaustauschstoffe.
Doch dessen ungeachtet bleit das Lab des Liedes wie ein historisches Echo auf den Begriff Stärkung oder Wohlergehen bestehen. Und wir können es beim Genuss von traditionell produziertem Rohmilchkäse - nicht nur zur Weihnachtszeit - ganz gegenwärtig erlaben.