Klaus D. Leciejewski: Die 25 Besten
Kochkünstler ins Wort gesetzt – Deklination der Kochkunst
Zum Glück muss man sagen, denn neben zahlreichen interessanten Blogs zum Thema Sternegastronomie bleiben Bücher zum Thema: „Wo ich sehr gut gegessen habe“ eher Mangelware. Bezeichnender Weise erscheint dieses Buch im Eigenverlag, anscheinend haben die Verlage noch nicht bemerkt, welches Potential in dieser Sparte schlummert.
Für sein Werk hat Klaus D. Leciejewski ein Jahr lang die Spitzenköche in deutschsprachigen Landen besucht und ausführlich mit Ihnen gesprochen. In seinem Buch portraitiert er 25 Spitzenköche und zwei Spitzenköchinnen. Dabei zeigt bereits ein erster Blick, was das Buch von vielen kulinarischen Internetblogs unterscheidet: Der Autor versucht erst gar nicht die Gegenwärtigkeit eines Restaurantbesuches einzufangen. Ihm geht es auch nicht darum, die genossenen Speisen aufzuzählen, er hat etwas anderes im Sinn. Mit seinem Buch möchte der Autor die Köche im Spannungsfeld von Handwerk und Kreativität portraitieren. Das Restaurant und die Gerichte sind lediglich ein leicht angetippter Resonanzraum, um die Meister am Herd zu charakterisieren. Dabei begeht Leciejewski nicht den Fehler von einem Menu auf die Psyche des Kochs zu schließen, sein Anliegen ist grundlegender. Er möchte mit seinen Portraits die Köche als Künstler beschreiben und gute Küche als großartige Kunst, die es durch Genuss zu würdigen gilt. Ein Ansatz, der in Deutschland immer noch sehr selten zu finden ist.
Provokation und Demut
Das Buch wirkt nicht nur durch die Summe der in ihm versammelten Köche – wobei es sich um eine an den Michelin Sternen orientierte freie Auswahl des Autors handelt – sondern durch die Essenzen der mit ihnen geführten Gespräche. Hier schreibt keiner, dem es um den flüchtigen Augenblick geht, sondern jemand der dem Geheimnis kochender Kreativität auf den Grund gehen möchte. Und daher überrascht es auch nicht, wenn nicht nur die Gespräche in die Portraits einfließen, sondern auch Beobachtungen aus dem direkten Umfeld. Über Joachim Wissler – höchst dekorierter Koch des Landes – erfährt man nicht nur, dass viele seiner Ideen zu Gerichten auf Erfahrungen aus seiner Kindheit fußen: Gerüche, Geschmäcker, Bilder und Farben, sondern darüber hinaus wie reflektiert dieser „Koch der Köche“ seine Arbeit betrachtet. Dazu referiert der Autor lediglich kurz über das letzte Kochbuch Wisslers „JW4“ um eine bezeichnende Stelle hervorzuheben, und damit die Denk- und Arbeitsweise des Kochs zu illustrieren.
Unter den in vier Kategorien der in „JW4“ aufgeführten 20 Leitbegriffe befinden sich in der 3. Rubrik zwei Begriffe, die man normalerweise nicht sofort zusammen denken würde: Provokation auf der einen und Demut auf der anderen Seite. Provokation ist für Wissler das gezielt eingesetzte Kalkül. Er möchte damit seine Gäste aus ihrer gewohnten Geschmackswelt herauszureißen, um sie am Tisch gewissermaßen wach und empfänglich für neue Sinneseindrücke zu machen. Diese Provokation sollte man aber in Kenntnis der gesamten Spielregeln einsetzen, letztlich also auch immer sein eigenes Können in den Dienst der kulinarischen Sache stellen, um – wie Joachim Wissler sich auszudrücken pflegt: „Den Zenit des kulinarischen möglichst lange durchschreiten zu können.“ Schon an diesem kleinen Beispiel zeigt sich, wie anregend detailverliebt Leciejewski seinen Lesern vielschichtige kulinarische Erkenntnisse mit auf den Weg geben möchte, um auch sie für diese Passion zu begeistern.
Da kann man dann auch verzeihen, wenn ein Koch wie Klaus Erfort mit einem Baum verglichen wird, oder wenn man beim jüngsten drei Sterne Koch Deutschlands, Kevin Fehling den Stil des Kochs mit seiner Person gleichsetzt, denn stets geht es Leciejewski darum, den Mehrwert von Spitzengastronomie aufzuzeigen. Sei es in der stilistischen, oder künstlerischen Arbeit, sei es durch das Gesamtkunstwerk eines Speisesaales oder durch die Beschreibung der vielfältigen Voraussetzungen, um diese Kunst, geschaffen zum Verschlingen, täglich neu gestalten zu können.
Generationenübergreifende Kochschule
Spannend wird die Lektüre auch aus einem Grund, der im Buch selbst nicht eigens thematisiert wird, aber in der Summe der Portraits durch Querverweise augenfällig ist. Mit leichten Linien zeichnet Leciejewski nach, wie wichtig die Pionierarbeit der ersten großen Köche deutscher Zunge waren, damit sich nun in der zweiten und dritten Generation die Talente auf einer breiten Basis entwickeln und ihren eigenen Stil stetig weiter entwickeln können.
So ist es spannend die Querverweise zwischen dem Schüler Sven Elverfeld und seinem Lehrmeister im Schlosshotel Lerbach Dieter Müller zu betrachten. Denn was an dieser Stelle über den kreativen Prozess von Sven Elverfeld gesagt, mehr aber noch, was über seinen kollegialen Umgang mit seinem Team analysiert wird, könnte ohne weiteres auch bei Dieter Müller stehen, denn die beiden verbindet seit der gemeinsamen Arbeitszeit eine tiefgreifende kollegiale Freundschaft.
Man merkt hier und an vielen weiteren Stellen im Buch, dass hier Nuancen angetippt werden, ohne den Bogen zu überspannen. Das Buch möchte dem Leser einen ersten, aber sehr umfassenden Einstieg in das Thema der Spitzengastronomie, besonders aber ihrer kochenden Protagonisten geben. Dabei klingt hier schon mehr an: die Ausbildung der eigenständigen Signatur auf dem Teller, die wechselseitigen Verweise der Köche über grandiose Gerichte eines Kollegen, die Anlehnungen, die Ideenweitergabe, welche ein kreatives Wechselspiel wesentlich befördert. Als Gäste, als Esskunstinteressierte und als Genießer kann uns das nur recht sein.
Tartuffel empfiehlt
Klaus D. Leciejewski: Die 25 Besten. Die Spitze der deutschsprachigen Kochkünstler. Deutschland, Österreich, Schweiz, Südtirol, KDL-Consulting 2014, 184 Seiten, Broschur, 20,-€
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