Getrüffelter Kartoffelsalat
Das Problem mit dem Kartoffelsalat ist ähnlich gelagert, wie das Problem mit den Kartoffeln. Wir zählen die Knollen immer noch zu unseren begehrtesten Nahrungsmitteln, doch meistens kaufen wir sie ohne Kenntnis der Sorte, oder ihrer Produktion einfach „überwiegend festkochend“ ein. Also greifen die Autoren Martina Meuth und Moritz Neuner-Duttenhöfer das Problem bei der Knolle. Sie stellen nicht nur unterschiedliche Arten vor, sondern animieren bewusster einkaufen zu gehen. Wenn man die Möglichkeit hat, sollte man einfach direkt beim Produzenten einkaufen, sich ein Bild vom Hof machen, ihn aber vor allem nach Produktionsbedingungen – Düngung, Art der Bodenbeschaffenheit, Erntezeit – und seinen Charakterisierungen der unterschiedlichen Sorten befragen. Natürlich kann man dies auch auf dem Wochenmarkt oder im ambitionierten Supermarkt machen. Die Intention ist klar: Möchte man gute Lebensmittel beziehen, muss man den Kontakt zum Produzenten suchen, oder zu einem ambitionierten Händler, der Auskunft über die Lebensmittel geben kann, der Rest ist der Verkauf von kartoffeligem Einheitsbrei. Denn genau das hat diese Knolle, die so vielseitig in Sorten, Aussehen und Geschmack ist nicht verdient und so langsam dämmert es dem Leser, dass man tatsächlich hunderte von unterschiedlichen Kartoffelsalaten zubereiten kann. Der grundlegende kulinarische Unterschied wird schon durch die Auswahl der Grundzutat, der Kartoffel bestimmt.
Doch es gibt noch ein anderes – ähnlich gelagertes Problem beim Kartoffelsalat: Fast jeder sagt, er können nicht jeden Tag Kartoffelsalat essen, da er zumeist nur eine, oder im besten Falle zwei Arten der Zubereitung kennt. Lustiger Weise werden diese weniger nach Regionen als nach Himmelsrichtungen unterschieden. Die nord- und die süddeutsche Art der Zubereitung eines Kartoffelsalats. Grob gesagt also einmal die Zubereitung mit Mayonnaise und einmal mit Brühe. Das diese Unterscheidung zwar richtig ist, aber in Sachen Kartoffelsalat viel zu kurz greift ist Thema dieses Buches.
Trüffel und Kartoffel – eine perfekte Kombination
Vielleicht sollte man auf zwei kleine Umstände hinweisen, die die Kartoffel in Deutschland symbolisieren, auch wenn sie zumeist in Vergessenheit geraten sind. Da ist zunächst die Schönheit dieses Nachtschattengewächses. Diesem Umstand war es auch zu verdanken, dass die Kartoffel, nach dem sie aus der neuen Welt nach Europa gebracht wurde zumeist in botanischen Gärten ausgestellt wurde. Als man dann ihr kulinarisches Potential entdeckte, suchte man einen passenden Namen für die Knolle. Da sie unverkennbare Ähnlichkeiten mit einer anderen unter der Erde wachsenden Knolle aufweist, war schnell ein Namenspatron gefunden: Die Trüffel. Und jeder, der schon einmal getrüffelten Kartoffelschaum probiert hat, weiß, was für ein Genuss diese Aromenkombination darstellt.
Im Buch wird hierzu eine filigranere Kombination vorgestellt. Hier wird der Kartoffelsalat mit Kaninchen, bretonischen Artischocken, einer französischen Vinaigrette und aromatischen Trüffeln zubereitet. Fast rustikal in der Zubereitung, klar in der aromatischen Kombination und schnell wird einem klar, welch kulinarisches Potential im Kartoffelsalat steckt. Dabei ist es eine Stärke des Buches, dass hier nicht nur Klassiker, wie Rheinisch-Westfälischer Kartoffelsalat mit Birnen, Bohnen und Speck vorgestellt werden, sondern das Potential des Kartoffelsalats auch international dargestellt wird. Dies beginnt schon bei Kanarischem Kartoffelsalat mit grüner und roter Mojo, russischer Kartoffelsalat, oder Kartoffelsalat mit Thai-Kokos-Curry. Ergänzt werden die Rezepte mit Tipps zu passenden Getränken und Beilagen, sowie Rezepten für unterschiedliche Mayonnaisen und Dressings.
Die Varianten sind derart vielseitig, dass man sich auch einfach überlegen kann, wie man die Reste aus dem Kühlschrank zu einem Kartoffelsalat veredelt. Anregungen, aber auch konkrete Anleitungen finden sie ebenfalls in diesem Buch. Denn Kochen, das zeigen die Autoren mit leichter Hand ist immer auch das Denken in Folgegerichten und die Veredelung von Resten. Ich aber muss los, mir Kalbsbries besorgen, denn das habe ich noch nie zu Kartoffelsalat probiert.
Tartuffel empfiehlt:
Martina Meuth und Moritz Neuner-Duttenhöfer: Ein Tag ohne Kartoffelsalat ist kulinarisch betrachtet ein verlorener Tag. Unsere 100 liebsten Kartoffelsalat-Variationen, Becker-Jost-Volk Verlag Hilden 2020, 256 Seiten geb., 28,00€