Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Georg Wilhelm Friedrich Hegel gilt bis heute als wichtigster Vertreter des deutschen Idealismus. Hegels Philosophie wurde von der Idee und dem Anspruch geleitet, eine vollständige Erfassung der Wirklichkeit in Logik, Naturphilosophie und der Philosophie des Geistes einschließlich ihrer geschichtlichen Entwicklung zu leisten.
Gerade der Geist ist es, der Hegel gastrosophisch interessant werden lässt. Zunächst unterscheidet Hegel sehr zutreffend die reine sinnliche Wahrnehmung als geistlos, erkennt dann aber, dass es der Sinn ist, der das Bewusstsein herausfordert, anspornt und beschäftigt. Ganz bildlich hebt er in seiner „Jenaer Realphilosophie“ die „Nacht der Welt“ hervor. Anders formuliert: Erst der Blick in den geistigen Abgrund am Boden des geleerten Weinbechers bringt ihn dazu, die Gespenster des Realen zu vergegenwärtigen. In diesem Moment erfährt er, dass das auf sich selbst zurückgeworfene Selbst nicht nur der Welt entrückt ist, sondern auch den Gespenstern dieser „Nacht der Welt“ unmittelbar anheim fällt. Der Weg zurück in die Welt führt einzig über die sinnlichen Eindrücke und deren Benennung. Die Sprache also ist es, die letztlich das Selbst aus der nächtlichen Umnebelung ans Licht der mitmenschlichen Welt führt.
Dieser Hegelsche Geist, der über den sinnlichen Eindruck zur Sprache und seinen Ausdruck findet, wird bald die Grundlage der modernen Gastrosophie stiften. So erklärt sich, dass der erste Gastrosophen deutscher Zunge, Carl Friedrich von Rumohr, denselben als titelbildend für sein Werk „Vom Geist der Kochkunst“ verwendet.
Doch noch eine weitere Qualität lässt den Idealisten als herausragenden Gastrosophen erscheinen. Wie Otto A. Böhmer in seiner fulminanten Studie „Hegel & Hegel“ herausarbeitet, war Hegel nicht nur ein passionierter Weintrinker, der seine Leidenschaft mit einem – heute würde man sagen – sportlichen Geist zu verüben verstand. Doktor Schulte-Langen, Hegels Hausarzt, wusste ein Lied davon zu seufzen, dass er im Philosophen einen 3-Liter-Patienten vor sich hatte. Denn unter drei Litern Wein ließ Hegel den Tag nicht gehen, sträubte sich aber, dem Arzt davon in Kenntnis zu setzen. „Ich trinke keinen Wein“ sagte er grob, „höchstens zu den Mahlzeiten und vielleicht zwischen diesen.“
Wen wundert es da, dass diesem Heroen der Kopf- und Mundarbeit eigens eine eigene Weintraube gewidmet wurde: der Hegel. Denn der Philosoph konnte seine geistigen Passionen sprachlich wunderbar vereinen:
„Im Wein liegt Wahrheit – und mit der stößt man überall an.“
So gelangte der subjektive Geist mit Hilfe des Weines schnell in die Sphäre des absoluten Geistes der Philosophie. Doch nicht nur beim Wein war Hegel ein Genießer, sei es im subjektiven, objektiven oder absolutem Geiste. Neben seiner Ehefrau hing er dem weiblichen Geschlecht an, wovon sein unehelicher Sohn Zeugnis ablegt. Ebenso stand sein Hang zu guten Speisen seiner Trinkfestigkeit in nichts nach. Hier also verleibte er sich die Wirklichkeit in Logik, Philosophie und praktischer Handlung ein.
Für Sie gelesen
Otto A. Böhmer: Hegel & Hegel oder Der Geist des Weines. Erzählung. Tübingen 2011, 152 Seiten, ISBN 978-3-86351-017-6, 18,90 €
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