Fond
Der Fond ist ein Scheinwiderspruch mit kulinarischen Folgen. Wortgeschichtlich greift er auf den lateinischen „fundus“ zurück, der Grund, Boden, aber auch einen handfesten Vorrat an Dingen bezeichnet. Entgegen dem allgemeinen Verständnis dieser Begriffe ist der Fond in der Küche aber nicht solide und fest. Vielmehr ist er flüssig und bildet gerade in diesem Zustand solide ausgebildet die „Grundlage“ – nämlich für die Sauce.
Noch etwas ist dem kulinarischen Fond wichtig, was anderen Grundlagen zweitrangig ist: die Farbe. Kochbücher unterscheiden zwischen hellem und dunklem Fond. Doch nicht der Grund dieses Grundes – also die Zutaten Gemüse, Fleisch oder Fisch – machen den feinen Unterschied, sondern das Kochen in seinem einfachsten Sinne bestimmt das Ergebnis. Je länger der Sud köchelt, desto sämiger wird er, je stärker die Zutaten angebraten werden, desto dunkler wird der Fond. Dieses Reduzieren des Fonds bewirkt eine Intensivierung des Geschmacks, noch ein Scheinwiderspruch.
Eine weitere gastrosophische Tugend lehrt uns der Fond. Ihn selbst herzustellen ist weniger arbeitsintensiv als zeitaufwändig. Er verlangt keine komplizierten Kunstgriffe sondern bleibt schlichtes Handwerk. Um so wichtiger ist es, dem Fond Zeit zu geben. Er lässt uns den Wert der Zeit schmecken, indem er durch ihren einfachen – köchelnden – Verlauf Geschmack intensiviert. Der Fond bildet die Grundlage der Sauce, deren in sie gesteckte Arbeit man schmecken muss, soll sie munden. So gilt auch für den Fond, was Jean-Jacques Rousseau über den Geschmack gesagt hat: Der Geschmack ist die Kunst, sich auf Kleinigkeiten zu verstehen.