Drei Kochbücher zwischen zwei Buchdeckeln
Spitzengastronomie, Brasserie und Biergarten - „Hauser“ verbindet alle Konzepte des Hamburger Süllbergs durch die Handschrift seines Patrons
Der Hamburger Süllberg ist ein imposantes Anwesen. Seit 2002 residiert hier Karlheinz Hauser als Pächter. Das Anwesen umfasst neben dem Gourmet-Restaurant „Seven Seas“, dem Market Restaurant „Deck 7“, ein Terrassengeschäft nebst in Hamburg exotisch anmutender Almhütte sowie einen Hotelbetrieb mit angeschlossenem Catering-Service. „Hauser“ - das Buch - hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur die Rezepte der verschiedenen Gastronomiebetriebe in ihrer saisonale Aktualität einzufangen, sondern anhand dieser ein umfangreiches Portrait von Karlheinz Hauser und seinen vielfältigen Tätigkeiten zu liefern. Dazu zählen neben dem bereits erwähntem Cateringunternehmen auch die Fernsehauftritte und Karlheinz Hausers Engagement auf der MS Europa.
Ein schwieriges, ein vielschichtiges Unterfangen, wenn man bedenkt, dass das Kochbuch über den unterschiedlichen Charakter der Gerichte von Spitzengastronomie über Brasserie bis hin zur Almhütte eben auch den gemeinsamen Charakter und die Handschrift von Karlheinz Hauser und seiner kulinarischen Arbeit herausarbeiten will. Um es an dieser Stelle vorwegzunehmen: Das Buch löst diese Aufgabe mit Bravour.
Selbstverständlich gehören zu solch einem Buch, das nicht nur Rezepte versammelt, sondern vor allem den dahinter steckenden Koch und seinen Werdegang vorstellen möchte, auch die Charakterisierung durch Freunde und Experten. Dazu zählen Grußworte von namhaften Weggefährten, die von gemeinsam gemachten Erfahrungen zu berichten wissen. Darunter nicht nur Gerd Käfer, bei dem Hauser erste Erfahrung in der Planung von Catering sammelte, sondern auch Otto Koch und Eckart Witzigmann. Unisono erfährt der Leser überraschendes über den Koch, Unternehmer und Familienmenschen Karlheinz Hauser. Auf diese Weise entsteht ein facettenreiches Portrait der Marke „Hauser“.
Akkorde in Bildsprache gesetzt
Doch nach dieser menschlichen Annäherung werden die ersten Akkorde in Bildsprache gesetzt. Und hier zeigt sich sofort, dass Fotograf Thomas Ruhl ein Meister seines Faches ist. Bei der Bildsprache der fotografierten Gerichte der verschiedenen gastronomischen Einrichtungen des Süllbergs setzt er nicht auf vordergründige Plakativität. Der glänzende weiße Teller bleibt nicht für das Gourmetrestaurant reserviert, das Holzbrett taucht nicht nur in der Almhütte auf. Jenseits der Zutaten erkennt der Betrachter jedoch Unterschiede und Gemeinsamkeiten der einzelnen Gerichte. Jedes Detail, jede Komponente scheint sich stimmig in das Gesamtkunstwerk zu integrieren. Schon bei einem so unscheinbar klingendem Gericht wie Rote Bete in der Salzkruste durchzuckt einen der Wunsch, sofort ins „Seven Seas“ zu fahren, um genau das sofort zu bestellen, so anregend schaut das Bild aus.Der Impuls vertieft sich noch, wenn man die Zubereitung der bretonischen Rotbarbe mit Parmesan und Zwiebeln oder die Komposition Gänseleber mit Taube, Schafsmilchjoghurt, Pistazie und Wiesenkräuter studiert. Doch auch der Rindertatar oder die Süllberg Pizza sowie der Skrei mit Pak Choi machen im etwas rustikaleren Fach einen sehr eleganten Eindruck und lassen die vielfältige Handschrift Karlheinz Hausers erkennen.
Das Multitalent zwischen zwei Buchdeckeln
Bleibt an dieser Stelle doch eine kleine Kritik auf allerdings hohem Niveau: Bei der durchdachten Konzeption, den gelungenen Bildern und dem gesamten Aufwand, der die Produktion dieses Buches begleitet, verwundert es schon – und das Wundern ist hier durchaus ernst gemeint – dass dieser vielseitige und interessante Band ohne ein Register daherkommt. Es würde sowohl die Suche nach einzelnen Rezeptelementen, als auch die Arbeit mit dem Buch erheblich vereinfachen, wenn dem Leser hier eine Übersicht an die Hand gegeben wäre.
Außerdem hätte die Zusammenstellung eines Registers auch geholfen, handwerkliche Mängel des Buches zu beheben. Schon auf den ersten Rezeptseiten tauchen Komponenten auf, die zwar namentlich genannt werden, deren Zubereitung aber an keiner Stelle des Buches ausgeführt wird. Hier kann man sich natürlich darauf berufen, dass sich das Buch an Profis oder kenntnisreiche Laien wendet. Dennoch würde man als interessierter Leser doch gerne wissen, wie beispielsweise die Kartoffelringe hergestellt werden, die dem Kaisergranat Halt im Meer der Erbsensuppe bieten, oder wie lange man den Brickteig im Ofen garen sollte, damit er seine gewünschte Konsistenz erhält. Hier hätte man mit wenig zusätzlichen Aufwand die vielschichtige Küche Hausers einem breiteren Publikum leichter nachvollziehbar darstellen können.
Unabhängig davon kommt man als Leser jedoch voll auf seine Kosten. „Hauser“ bietet nicht nur Sterneküche und Hausmannskost, sondern zeigt raffiniert einzelne Komponenten auf den Tellern, die man mühelos in einer anderen Komposition verbinden kann. Wer noch nie auf die Idee gekommen ist, Kohlrabinudeln zuzubereiten, der wird spätestens gegen Ende des Bandes eine neue Anregung erhalten. Eine kleine unter vielen in diesem grandiosen Buch, das noch etwas unterstreicht: Man sollte alle Facetten der Kochkunst ausloten, damit sie sich gegenseitig inspirieren und verbessern können. „Hauser“ liefert dafür ein grandioses Beispiel. Als Portrait des Kochs, des Unternehmers, seiner Restaurants und ihrer spezifischen Gerichte. Bemerkenswert, dass die Macher all diese Facetten mit so spielerischer Eleganz ins rechte Bild rücken, so dass es dem Betrachter wie selbstverständlich vorkommt.
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