Die Visitenkarte des Kochs
Ein neues Standardwerk in Sachen Saucen & Dips
Die Sauce ist für die Kochkunst das, was die Grammatik für die Sprache ist. Wie aber erklärt man in Sprache und Bildern, wie man richtig gute Saucen zubereitet? Wie wäre es denn mal, wenn ein Buch über Saucen mit der kulinarischen Geschichte dieser Kochklassiker aufwarten könnte? Das neue Buch der Edition Fackelträger unternimmt dies en passant, einfach, locker, wie im Wasserbad aufgeschlagen, mal eben in der Einleitung. Dabei geht das Buch in diesem Falle nicht in die Tiefe, sondern vermittelt dem Leser mit leichter Hand, das Notwendige, was man hierzu wissen muss. Dabei setzt es gleich mehrere Ausrufezeichen, um für die kommenden Jahre ein Standardwerk zu werden. Eine gute Sauce umgibt stets ein Hauch von Alchemie, denn in ihr verschmelzen viele Zutaten zu etwas Eigenem. Gute Zutaten und ein bisschen Mut braucht es, motiviert das Buch den Leser. Und es lässt den Anfänger nicht mit der Frage alleine, was denn diese guten Zutaten sein sollen.
Hiermit beginnt inhaltlich das Buch und präsentiert die Fülle der möglichen Zutaten für eine gute Sauce. Dips sind hier hinten angestellt, es geht schließlich in erster Linie darum, ein grundlegendes Verständnis davon zu entwickeln, was eine gute Sauce überhaupt ausmacht, bevor man dem Leser Beispiele gibt, wie er einen brauchbaren Dip macht.
Die Zutaten
Die Zutaten sind so vielfältig, dass man sie gar nicht zu suchen, aber sicherlich einmal zu benennen braucht. Denn einige Zutaten, die in eine gute Sauce gehören, oder die sicherlich eine gute Sauce noch verbessern, hat mancher Koch und erst recht nicht jeder Laie auf dem geistigen Schirm. Butter, Fette - OK, Öle - sicherlich, Knochen - ja vielleicht, Zwiebeln, Gemüse - klar, Salz - logisch, Kräuter - auch OK, Milch - unter Umständen, aber Blut, Weinbrand oder Obst? Käse und Lebkuchen? So zeigt sich das Buch schon in diesem Kapitel von seiner kenntnisreichen und informativen Seite.
Es werden Möglichkeiten angesprochen. Pilze kommen ins Spiel, genauso wie viele Gemüsesorten. Fette werden in ihrer Vielschichtigkeit und in ihrem Variantenreichtum ebenso genannt, wie in ihren unterschiedlichen Qualitäten, ähnliches gilt für die unterschiedlichen Arten der Salze und ihre Verwendungsarten. Darauf wird dem Leser klar gemacht, dass große Teile der Dinge die er womöglich einfach entsorgen würde, gerade die Grundlage für eine gute Sauce bilden. In einer Küche muss und sollte möglichst viel verwertet werden. Nicht nur, damit die Produkte in ihren Möglichkeiten ausgeschöpft werden, sondern damit auch wirtschaftlich und vor allem im Sinne des Geschmacks am besten gearbeitet wird.
Anschaulich werden hier die Knochen, Parüren und Karkassen unter die Lupe genommen. Das Buch nimmt sich anschaulich Raum, um den Leser die unterschiedlichen Gewürze und Kräuter sowie ihre Verwendungsmöglichkeiten vorzustellen, informiert über die Herstellung und Verwendung von Essig ebenso wie über die von Senf. Weine als Zutat einer gelungenen Sauce dürfen hier sowenig fehlen wie Obst, Zucker, Schokolade und Bier. Hier gibt es einiges zu lernen, für den Anfänger ebenso wie für den fortgeschrittenen Laien und den angehenden Profi. Die Fachbegriffe der Küche werden so ausführlich präsentiert wie das notwenige Küchenwerkzeug und -geschirr, zu dem selbstverständlich – dies zeigt die grundlegende Richtung dieses Buches – auch die Entenpresse, ein in der allgemeinen Küchenliteratur fast schon vergessenes Utensil, gezählt wird.
Fond, Jus & Glaces
Liegt das sprachliche und materielle Küchenwerkzeug parat, zeigt der Band, wie man dieses zur Herstellung von Fonds nutzen kann. Dabei werden nicht nur die hellen und dunklen Fonds anschaulich besprochen, sondern auch Varianten der Herstellung gezeigt. Ähnlich verfährt das Buch zur Herstellung von Jus, Glaces und Reduktionen. Dabei wird nicht nur Wert auf den Herstellungsprozess gelegt, sondern auch auf eine grundlegenden Einführung in den jeweiligen Abschnitt. Nach der Lektüre hat der Anfänger grundlegende Kenntnisse in die Küchenpraxis der Herstellung, des Entfettens sowie des Bindens von Saucen erhalten. Außerdem wird im Buch aktiv Hilfestellung gegeben, falls etwas in der Praxis nicht richtig funktionieren sollte. Was kann man tun, wenn die Sauce versalzen ist oder einfach nicht schmeckt?
Lediglich das Kapitel über Schäume, Gelees und Sphären fällt etwas knapp aus, vielleicht wollte man den Leser nicht mit den Techniken der molekularen Küche überfordern, was bedauerlich ist, denn wäre dieses Kapitel ausführlicher ausgefallen, hätte man dem Leser ein tieferes Verständnis über die vielfältigen Möglichkeiten auch des klassischen Kochens vermitteln können.
Rezepte
Auf gut 150 Seiten des Buches versammeln sich Rezepte von klassischen Saucen. Hier findet sich eine Aioli ebenso wie Ketchup, Remoulade, Sauce Bérnaise und andere Saucenklassiker wie Buttersauce, Tomatensauce und Salatdressings. Zahlreiche Rezepte von Vorspeise über Hauptgericht bis Dessert zeigen dann die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Saucen und runden diesen durchdacht komponierten Band ab.
Will man sich an die Kunst der eigenständigen Saucenherstellung wagen, dann empfiehlt sich die Anschaffung dieses Buches.
Für Sie gelesen
Warenkunde, Küchenpraxis, Rezepte: Saucen & Dips. Edition Fackelträger, Köln 2012, 256 Seiten gebunden, 19,95€
Mehr auf Tartuffel
Phänomene: Wein-Kultur-Abendland
Charaktere: Handwerk bis zur Kunst perfektioniert
Bücher: Menuekarten
Zutaten: Fond
Zutaten: Sauce
Köpfe: Escoffier