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Die Kochschule bei Dieter Müller zu Hause ist für alle Teilnehmer ein kulinarischer Genuss | © Olivier Faye

Amuse Bouche: Kochen und Kindheit

Als Kinder haben wir nicht nur Forellen in der Nachbarschaft gefangen und Kräuter aus dem Garten hinter dem Haus geholt. Wir haben Pilze gesammelt und Honig geschleudert. Heute weiß ich, dass diese kulinarischen Kindheitserinnerungen von unschätzbarem Wert sind.

Eine Kindheit mit Appetit und Begeisterung für das Essen

Ich bin fest davon überzeugt, dass jeder von uns ein kulinarisches Gedächtnis hat, das ihn ein Leben lang begleitet. Jeder Mensch hat diese besonderen Erinnerung an das Essen seiner Kindheit. Beim einen ist es der Erdbeerkuchen der Großmutter, den er nie vergessen wird, beim anderen ist es der Tafelspitz der Tante, dessen Aroma ihm immer noch präsent ist. Wie die Sprache nehmen wir das Essen, seine Gerüche und Aromen in uns auf. Wir müssen später nicht Koch oder Schriftsteller werden, aber alle können wir uns über unsere kulinarischen Vorlieben unterhalten. Sie gehören einfach zu unserem persönlichen Lebensweg dazu.

Dabei ist es spannend, wie vielschichtig unser Erinnerungsvermögen ist. Ich weiß noch genau, wie ich als Kind Dampfnudeln mit Zuckerkruste geliebt habe. Dazu gab es frische oder eingemachte Zwetschgen – das war ein Erlebnis für uns Kinder. Auch andere, ganz einfache Dinge, die man heute kaum noch erleben kann, haben damals meinen Sinn für Kulinarisches geprägt: Wir haben früher noch selber Honig geschleudert und als Belohnung durften wir Kinder die Honigwaben ausschlecken. Das war nicht nur ein süßer Genuss, es war vor allem auch ein sinnliches Erlebnis. Wir hatten die Reste der Wabe im Mund, spuckten das Wachs einfach aus und übrig blieb ein wunderbarer,  frischer Honig mit einem leichten Wachsaroma. Mein Vater hatte damals sehr viele Bienenvölker, so dass wir öfter Mal in diesen Genuss kamen.

Heute begreife ich, dass ich mir auf diese Weise in meiner Kindheit schon einen Geschmack für guten Honig eingeprägt habe. Die einfachsten Sachen waren damals ein wunderbarer Einstieg in diese Welt des Schmeckens. Selbst Pommes frites waren für uns Kinder eine kulinarische Offenbarung. Die dazu notwendigen Kartoffelschnitze stellten wir Geschwister in einem Wettbewerb her. Wer bekommt die schönsten Pommes geschnitzt? Es machte Spaß, und wir hatten nicht nur diese gewisse Vorfreude, das Essen selbst wurde auf diese Weise aufgewertet. Es schmeckte uns auch daher so gut, da wir zusammen Zeit bei der Herstellung verbracht haben. Genauso verhielt es sich mit den gesammelten Champignons und Steinpilzen: Sie schmeckten natürlich viel besser, da wir ihre Reise vom Wald auf den Teller miterlebt hatten.

Cordon Bleu – Erste Schritte begleiten ein Leben lang

Als Bub, so im Alter von acht oder neun Jahren machte ich meine ersten eigenständigen Kocherfahrungen am Herd. Und natürlich war es für mich das Größte genau das zu kochen, was ich am liebsten mochte. Mein erstes Gericht war ein Cordon Bleu. Denn es war für uns immer etwas Besonderes in ein Restaurant zu gehen, wo es für uns Kinder stets ein Kalbsschnitzel, und wenn es etwas ganz besonders war, ein gefülltes Kalbsschnitzel gab. Der Duft des geschmolzenen Käses, wunderbar. Kein Wunder, dass ich das unbedingt nachkochen wollte. Nachdem wir im Garten Erbsen und Karotten geerntet hatten und die Pommes Frites fertig geschnitzt waren, durfte ich mich an das Schnitzel wagen. Ich füllte es also mit Schinken und Käse und habe dann zum ersten Mal in meinem Leben paniert und in Butter gebraten. Was soll ich sagen: Es war für mich Genuss pur. Ich nehme an, dass dieses Erfolgserlebnis wesentlich dazu beigetragen hat, dass ich Varianten dieses Gerichts – sei es mit unterschiedlichen Pilzen, wie Pfifferlinge oder Steinpilze, sei es mit frischen Kräutern – immer wieder auf meine Karte genommen habe. Insofern kann ich sagen, dass das Cordon Bleu bereits seit der Kindheit zu meinen persönlichen Klassikern zählt. In diesem biographischen Sinne symbolisiert das Cordon Bleu meine ersten Schritte als Koch.

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