Am Beispiel der Gabel
Dabei ist sie noch nicht lange unsere regelmäßige Tischbegleiterin. Im Gegenteil: Die Gabel hatte einen schweren Stand. Sie war sogar lange Zeit das schwarze Schaf unter den Bestecken, galt sie doch als unrein. Komisch, könnte man heute sagen und dabei seine sauberen Hände in mit Unschuld verwechselter Unwissenheit baden. Denn die Gabel überhaupt zu benutzen, galt lange Zeit als gotteslästerlicher Frevel. Sie wurde nicht nur als weibisch und verziert angesehen, Luther selbst verlangte von Gott, ihn vor Gabeln zu beschützen. Und selbst der große Aufklärer Erasmus von Rotterdam wollte der Gabel den Zutritt zur Tafel untersagen, denn was dort gereicht wird „hat man mit drei Fingern oder mit Brotstücken zu nehmen.“
Gabelverbote bei Tisch
Noch lange Zeit nach diesen Ausrufen war die Verwendung einer Gabel in Klöstern strickt untersagt. Man sah in ihr nichts weniger, als ein Zeichen des Teufels. Doch ab dem 16. Jahrhundert erkannte man an den europäischen Höfen in diesem kleinen Utensil ein Mittel des Destinktionsgewinns. Man musste sich nicht mehr zwangsläufig die Hände schmutzig machen, nur um seinen Hunger zu stillen. So begann der langsame Siegeszug der Gabel. Aber erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts konnte sie sich an den bürgerlichen Esstischen einrichten, um nach der industriellen Revolution auch als Massenware unentbehrlich für alle gesellschaftlichen Schichten zu werden. Mittlerweile aber ist dieses unscheinbare Besteck unerlässlicher Bestandteil eines Essens, ob mit oder ohne Gäste. Und die Liste ihrer Formen schafft einen Überblick davon, wie vielseitig man die Gabel bei Tisch in Szene setzt. Es gibt die normale Tafelgabel, die Dessertgabel, die Kuchengabel, unterschiedliche Vorlegegabeln, die Fischgabel, die Konfektgabel, die Tranchiergabel und neben der Kartoffelgabel auch die Pellkartoffelgabel. Die Liste ließe sich unschwer verlängern.
Die Gabel, so scheint es, hat aus ihrer Geschichte gelernt und daraus eine unwiderstehliche Kunst entstehen lassen. Diese Kunst gibt sich in der Gabe zu erkennen, sich selbst – bei all ihrer Gegenwart - ganz unscheinbar zu machen.