150 Jahre Italien
Respekt vor den regionalen Besonderheiten als Erfolgsrezept
Dieses Jahr feiert Italien sich selbst. Gilt es doch den 150. Jahrestag der Nationengründung zu begehen. Da ist es im Land der Pizza und Pasta, der einfachen und einfach genialen sowie vielfältigen kulinarischen Genüsse kein Wunder, dass die Italiener einem Autor huldigen, der mit seinem Werk wesentlich zur kulturellen Einigung der Nation beigetragen hat. Nicht Mazzini, nicht Garibaldi – der große Artusi ist in aller Munde.
Bei den riesigen Unterschieden der regionalen Küchen Italiens mag dies zunächst unwahrscheinlich anmuten. Ist man doch bis heute stolz auf seine regionalen Eigenarten. Nicht umsonst ist Italien das Mutterland von Slow Food, der Vereinigung, die sich nicht nur die Wertschätzung des Essens allgemein auf die Fahnen geschrieben hat, sondern besonders die Re-Regionalisierung der Produkte, das Hervorheben des Besonderen, den Verzicht auf lange Transportwege sowie die nachhaltige Vieh- und Pflanzenwirtschaft vertreten.
Der Große Artusi
Gerade Italien aber konnte erst durch ein Kochbuch, welches alle regionalen Besonderheiten hervorhob und die spezifischen Rezepte mit einer jeweils eigenen Geschichte zum Klingen brachte, zur Nation geeint werden. Als Pellegrino Artusi sich anschickte, eine Rezept-Sammlung seiner Heimat vorzunehmen, war er sicherlich der Einzige, der an den Erfolg seines Werkes glaubte. Er druckte das Buch auf eigene Kosten und konnte die zunehmende Popularität und wachsende Nachfrage seines Kochbuches in den folgenden Jahren staunend beobachten. Der „Große Artusi“ wie das Buch in Italien genannt wird, avancierte zum Standardwerk der italienischen Küche im ausgehenden 19. Jahrhundert. Keine junge italienische Frau, deren Eltern was auf sich hielten, konnte heiraten, ohne den Artusi mit in den neu gegründeten Haushalt zu nehmen.
Artusi ließ den jeweiligen Regionen die gleiche Anerkennung in seinen Geschichten und Rezepten zukommen und darin liegt der Grund nicht nur seines wirtschaftlichen Erfolgs. Das Kochbuch selber wurde so etwas wie die kulinarische Gründung der italienischen Nation. Der Respekt vor den Eigenheiten der Region, als kulinarisches Konzept gedacht, wird so zum kulturstiftenden Impuls – bis in die Tage von Slow Food hinein.
Da ist es kein Wunder, dass ganz Italien diesen Mann im Jahr der nationalen Feierlichkeiten nicht nur auf Grund seines 100. Todestages ehrt, sondern gleich ein komplettes Artusi-Jahr ausgerufen hat.
Linktipps:
Website von Slow Food Deutschland
Nikolai Wojtko zur Geschichte der Italienischen Küche: Delizia
Küchenlatein: Nikolai Wojtko über die Verbindung von Sprache und Geschmack.
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Pellegrino Artusi: Von der Wissenschaft des Kochens und der Kunst des Genießens
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